Erläutern Sie die Bedeutung von Drahtloskommunikation in der Fabrikautomatisierung

Beitragsautor: Alex Christoph, März 2018

Begriffsdefinition

Fast jeder Benutzer eines Laptops oder Computers kennt es, es ist eine der ersten Einstellungen, die man an einem neuen Computer oder in einem neuen Netzwerk vornimmt, eine, die man erst dann wieder anrührt, wenn es Probleme damit gibt: „Drahtlose Verbindung mit einem Netzwerk herstellen“. Doch was genau passiert dort, bei dieser Drahtloskommunikation?

Vereinfacht dargestellt ist Drahtloskommunikation das Senden und Empfangen von Informationspaketen über eine nicht kabelgebundene, also drahtlose, Kommunikationsschnittstelle. In dem Beispiel des Computers mit dem WLAN-Netz handelt es sich bei den verschiedenen Aktoren des Systems um einen oder mehrere Computer, Laptops, Handys oder weitere WLAN-fähige Geräte sowie einem Router, der das Drahtlosnetzwerk zur Verfügung stellt.

 (c) K. Manhart
Abbbildung 1: Bluetooth - Sicherheitslücken schließen [TEC04]

So eine drahtlose Verbindung bringt viele Vorteile mit sich, wie zum Beispiel die Möglichkeit, den Laptop oder das Handy im Raum zu bewegen, ohne dass die Verbindung mit dem Internet abbricht. Dieser und andere Gründe tragen dazu bei, dass mittlerweile nicht nur im Haushalt oder im Büro die Bedeutung der Drahtloskommunikation immer weiter zunimmt, sondern zunehmend auch im Konzept „Industrie 4.0“, genauer gesagt in der Fabrikautomatisierung.

Einordnung in den Kontext

Lange Zeit hielt man vor allem in den Gebieten Prozesstechnik und Fabrikautomatisierung an der „alten“, der kabelgebundenen, Kommunikation fest. Zu unsicher und vor allem instabil war die drahtlose Kommunikation. Gerade eine stabile Verbindung zwischen Steuerungselektronik und Aktorik, also den ausführenden Maschinen, oder Sensorik ist die essentielle Voraussetzung, um erfolgreich eine ganze Fabrik oder Teile davon zu steuern. Weitere essentielle Voraussetzung dafür ist eine Verarbeitung der aufgenommenen Daten, durch Sensorik, oder der gesendeten Daten, durch Steuerungselektronik, und zwar eine Verarbeitung in Echtzeit. Auch diese war lange Zeit nicht möglich, da die Übertragungsgeschwindigkeit der Netze schlicht zu gering war.

Durch neue Standards und verbesserte Kommunikationsprotokolle konnten diese Defizite weitgehend aufgeholt werden, sodass die Drahtloskommunikation über Bluetooth (IEEE 802.15.1), WirelessHART, WSAN oder Wireless LAN (IEEE 802.11) der kabelgebundenen Kommunikation in nichts nachsteht ([KFS11], S.1).

Im Gegenteil, Kommunikation über drahtlose Verbindungen hat gegenüber seinem kabelgebundenen Kontrahenten einige, teils entscheidende Vorteile. Allerdings hat auch diese Technologie, wie jede andere auch, ihre Schwachstellen.

Die Drahtloskommunikation hat einen immer größeren Stellenwert, auch in der Fabrikautomatisierung, aber sie wird die kabelgebundene Übertragungstechnologie nicht ablösen, sondern sinnvoll erweitern.

 (c) SPS-Magazin
Abbbildung 2: Embedded-Systeme für Industrie 4.0 [SPS15]

Beispiele

Einen Nachweis dieser entscheidenden Vorteile liefert ein drahtloses Sensornetzwerk.

Dies ist ein Netzwerk, welches aus einer Reihe von kostengünstigen Sensorknoten mit wenig Leistung besteht, die über Mess- und/oder Aktuatorfähigkeiten verfügen. Diese kommunizieren drahtlos über kurze Distanzen mittels eines leistungsschwachen Funkmoduls. Entscheidende Vorteile daraus sind:

  • Verteilte und fehlertolerante Kommunikation und Messungen/Regelungen aufgrund der großen Anzahl von Sensorknoten
  • Kostenreduzierung durch Entfernen der Verkabelung für Kommunikation und Energieversorgung
  • Flexibilität bei der Anbringung von winzigen drahtlosen Sensorknoten ([DY16], S.3)

Hinzu kommen weitere Vorteile im Bereich von Service und Wartung. Durch kabellose Übertragung kommt es zu weniger Wartungskosten, da häufige Verschleißerscheinungen wie Kabelbruch und dadurch resultierende Übertragungsprobleme wegfallen ([ABB12], S.2f).

Zudem sind drahtlose Netzwerke deutlich unempfindlicher gegenüber Hitze oder Bewegung des Aktors als kabelgebundene Systeme, was den Einsatz in nahezu jeder Produktionsumgebung zulässt.

WirelessHART und WSAN eignen sich durch kleinere Paketgrößen und angepasstes Zeitverhalten für energie- und ressourceneffiziente Funkübertragung an viele Sensoren und Aktoren durch eine einzige Steuerung. Zeitunkritische Signale können dadurch auch über längere Strecken mit geringem Energieaufwand versendet werden ([KFS11], S.2f).

Zusätzlich möglich durch WLAN ist das mobile Bedienen und Beobachten beim Einrichtbetrieb von Robotern oder Maschinen mit beweglichen Komponenten ([KFS11], S.2).

Bluetooth dagegen wird hauptsächlich als Kabelersatzlösung eingesetzt, in der Regel für Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit wenigen Teilnehmern ([KFS11], S.2).

Die wohl größte Schwachstelle der Drahtloskommunikation ist die Beschränkung von räumlichem Freiraum, also der Anzahl an Nutzern pro Bandbreite, beziehungsweise die Beschränkung des zeitlichen Freiraums, der Größe der Datenrate pro Frequenzbandbreite ([KFS11], S.4). Aus diesem Grund ist es notwendig, verschiedene Drahtlosprotokolle und -technologien zu verwenden, um für den passenden Anwendungsfall die passende Lösung bereitstellen zu können und das Frequenzspektrum möglichst effizient und maximal auszunutzen ([KFS11], S.1f).

Literatur

  • [KFS11] B. Kärcher, Festo, G. Scheible: So springt der Funke über, 2011
  • [DY16] D. Yuan: Improving Quality of Service in Wireless Sensor Networks for Industrial Automation, http://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/5508/1/thesis.pdf, 2016
  • [ABB12] ABB: Broschüre Drahtlose Automatisierung, 2012

Bildquellen

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